ARS Replika und die Wikinger
Was ist die Wikingerzeit?
Unter der als Wikingerzeit bezeichneten Epoche versteht man im allgemeinen den Zeitraum von knapp drei Jahrhunderten zwischen dem Jahr 793 - dem
Jahr des Überfalls skandinavischer Plünderer auf das Kloster Lindisfarne (Schottland) und dem Jahr 1066 mit der Eroberung Englands durch den Normennanherzog Wilhelm II bzw. der Zerstörung Haithabus durch die Slaven
im gleichen Jahr. Diese Epoche wurde leider allzu oft einzig unter dem Blickwinkel einer "Zeit umfangreicher Raubzüge skandinavischer Seefahrer" betrachtet. Berichte über Raub, Mord und Piraterie
zeichneten das Bild einer destruktiven, fortschrittsfeindlichen Epoche. In ihr liegt jedoch der Beginn verschiedener, für die folgenden Zeitepochen wichtiger Vorgänge.
Spätestens die Völkerwanderungszeit hatte in den ehemals römischen Gebieten ein weitgehendes Ende urbaner Lebenskultur mit sich gebracht. Auch
hatte der Umfang des Fernhandels, im Vergleich zur Spätantike, deutlich abgenommen - vollständig zum Erliegen, wie in älteren Quellen oft behauptet wird, kam er allerdings nie. Ansätze für einen Neubeginn urbaner
Siedlungsweise sowie eine deutliche Intensivierung des Fernhandels werden gerade in der Wikingerzeit spürbar. Weitere, für die folgenden Zeiträume wichtige Impulse gehen von Vorgängen wie der Christianisierung
Skandinaviens und slawischer Siedlungsgebiete, der fortschreitenden Herausbildung späterer Staaten aus sowie auch der Ansiedlung skandinavischer Volksgruppen in Grossbritannien oder dem Gebiet der späteren
Normandie.
All diese Vorgänge und Entwicklungsprozesse sind eng miteinander vernetzt und bieten sowohl der archäologischen Feldforschung als auch den
historischen Wissenschaften ein reiches Betätigungsfeld.
Die Ergebnisse dieser Forschung lassen vor den Augen des Betrachters das Bild einer Epoche entstehen, wie sie an Dynamik und
Abwechslungsreichtum ihresgleichen sucht. Insbesondere die skandinavischen Bereiche bieten einen kaum zu überschauendes Feld. Die Handelskontakte der im Nord- und Ostseeraum tätigen Händler reichten vom hohen Norden
- genannt seien Island und Grönland - bis in den mittleren und fernen Osten (Silbermünzen aus der Stadt des Friedens, dem heutigen Bagdad, bzw. Seide aus China), für den indischen Subkontinent sei eine bronzene
Budha-Figur genannt, die in Helgö, Schweden, gefunden wurde.
Wieso Ars Replika in der Wikingerzeit?
Wie für die anderen von ARS REPLIKA e.V. gewählten Epochen gilt auch für diese Epoche, daß dieses Bild, das die Wissenschaft mit ihren
Forschungsergebnissen bisweilen recht nüchtern auferstehen läßt, durch die Rekonstruktion von Trachten und Ausrüstungsgegenständen einem breiteren Publikum zugänglich gemacht werden soll.
Insbesondere bietet sich diese Epoche zur wissenschaftlich fundierten Rekonstruktion im Sinne von ARS REPLIKA e.V. an, da es hier, bedingt durch
ein in der Öffentlichkeit tief verwurzeltes falsches Bild (s.o.) viele Mißverständnisse und Irrmeinungen auszuräumen gibt.
Ein - wenn auch kleiner - Teil der Mitglieder von ARS REPLIKA e.V. ist daher seit einigen Jahren bemüht mit der gleichen Akribie wie in den
anderen Epochen Informationen zusammenzutragen, sie zu bewerten und in gebrauchsfähige Rekonstruktionen in Originalgröße umzusetzen.
Aufgrund des relativ kleinen "harten Kerns" derjenigen, die sich mit dieser Epoche intensiv beschäftigt, ist es ARS REPLIKA e.V.
grundsätzlich nicht möglich, kurzfristig in dem - vor allem aus dem 1. Jahrhundert - gewohnten Umfang an Personen und Darstellung auf Veranstaltungen aufzutreten. Aufgrund der kleinen Zahl der Aktiven wird auf einen
geschlossenen Auftritt als ARS REPLIKA e.V. mit der Errichtung eines abgegrenzten "Lagers" verzichtet, die Präsentation dieser Epoche erfolgt durch die Einzelpersonen in bewährter Weise durch die Teilnahme
an Veranstaltungen, die durch Art und Umfang ein entsprechendes Umfeld bieten.
Sollte dennoch ein "starker Auftritt" von ARS REPLIKA e.V. im Rahmen einer Veranstaltung gewünscht werden, so ist auch dies - mit
entsprechend langem Vorlauf - realisierbar, da sowohl der Verein als auch einzelne Mitglieder auf einen umfangreichen Materialbestand zurückgreifen können, der einen solchen Auftritt nach unseren Maßstäben gelingen
läßt.
Literatur: Bakka, E. Some English decorated metal objekts found in Norwegian viking graves. Bergen (1964).
Capelle, T. Die Wikinger - Kultur- und Kunstgeschichte. Darmstadt (1988). Claude, D. Der Handel im westlichen Mittelmeer während des Frümittelalters. Göttingen (1980).
Ennen, E., Frühgeschichte der europäischen Stadt. 3. Aufl.. Bonn (1981).
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