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Sicher, über die ausgeklügelte Bäderarchitektur der Römer verfügten die Germanen nicht, ebensowenig über die Fülle an aromatischen Kräutern,
Gewürzen, Früchten und Blüten, die sie zur Herstellung duftender Salben benötigten. Dennoch ist das Bild des schmutzigen Barbaren mit wirrem Haar und verfilztem Bart falsch. Wie nahezu jede Kultur legten auch die
Germanen Wert auf eine gewisse Pflege und Verschönerung des Körpers. Unsere Quellen beruhen auf Funden in Gräbern, antiken Quellen, Darstellungen auf römischen Denkmälern und Moorleichen.
In den Gräbern finden sich u. a. Knochenkämme, Sets aus Schere, Pinzette und Ohrlöffelchen (sog. Toilettebesteck) und Rasiermesser. Tatsächlich
sind männliche Moorleichen entweder glattrasiert, oder der Bart ist gestutzt. Das Haar ist kurz geschnitten oder, wenn lang getragen, dann sorgfältig frisiert, z. B. zu dem sog. Suebenknoten. Die Haare weiblicher
Moorleichen sind in der Regel lang und nicht offen getragen sondern zu einem Knoten zusammengefasst oder aufwendig geflochten.
Man pflegte Finger- und Zehennägel; im Gegensatz zu den Römern wurde die Körperbehaarung nicht entfernt.
Die Germanen pflegten nach dem Aufstehen in Flüssen zu baden oder sich stattdessen aufgrund des rauhen Klimas des öfteren warm zu waschen.
Römische Salbfläschchen, die als sog. Import gelegentlich in die Gräber gelangten, belegen die Wertschätzung römischer Kosmetika. Germanen und
Kelten war im Gegensatz zu den Römern die Herstellung von Seifen aus Talg und Pflanzenasche bekannt, die nicht nur zur Reinigung sondern auch als Haarfärbemittel eingesetzt wurden. Die Haarfarbe der Moorleichen
allerdings ist auf Huminsäuren zurückzuführen.
Zum Weiterlesen:
D. BischopSpeere und Spiele. Römer und Germanen zwischen Weser und Hunte, Begleitheft zur Ausstellung
, Kreismuseum Syke 1996 D. BrothwellThe Bog Man and the Archaeology of People, London 1992
R. Busch (Hrsg.),Rom an der Niederelbe, Veröffentlichungen des Hamburger Museums für Archäologie und die Geschichte Harburgs (Helms-Museum) Nr. 74, Neumünster 1995, S. 224
P. Faure,Magie der Düfte. Eine Kulturgeschichte der Wohlgerüche von den Pharaonen zu den Römern, München 1993 C. Fischer,Der Tollund-Mann und die Elling-Frau, Silkeborg 1996
H.-J. Häßler,Ur- und Frühgeschichte in Niedersachsen, Hamburg 2002, S. 268 U. Kiby,Bäder und Badekultur in Orient und Okzident. Antike und Spätbarock, Köln 1995
G. Ohloff,Irdische Düfte – himmlische Lust. Eine Kulturgeschichte der Duftstoffe,Frankfurt/M.1996 E. Paszthory,Salben, Schminken und Parfüme im Altertum, Zaberns Bildbände zur Archäologie Bd. 4, Mainz 1992
J. Riederer,Archäologie und Chemie – Einblicke in die Vergangenheit, Ausstellung des Rathgen-Forschungslabors SMPK September 1987 – Januar 1988, Berlin 1987, S. 235
E. Rimmel,Das Buch des Parfüms und der Toilette, Frankfurt/M.1988, Nachdruck d. 1. Aufl. v. 1864 S. M. S. C. Thijsse,Waschen mit Seifenkraut, Experimentelle Archäologie. Bilanz 1998, Archäologische
Mitteilungen aus Nordwestdeutschland Beiheft 24, Oldenburg 1999, S. 109-13 Cäsar, de bello gallico, 6,21, 5 (Badesitten) Galen, de compositione medicamentorum (Seifenrezept)
Herodian, 7, 2 (Badesitten) Plinius, naturalis historia, 28, 191 (Seifen der Kelten und Germanen als Haarfärbemittel) Seneca, de ira, 3,26,3 (Suebenknoten)
Tacitus, Germania, 22, 31, 38 (Badesitten, Haar-/Barttracht, Suebenknoten) Tacitus, historiae 4, 61,1 (rot gefärbtes Haar des Civilis)
Martial, 8, 33,20; 14, 26f (Seifen der Bataver, Chatten und Mattiaker als Haarfärbemittel)
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